73 Prozent. So viele Befragte im Hiring Trends Index Q2 2024 denken einmal monatlich über einen Jobwechsel nach. Das zeigt, warum Unternehmen das Thema Mitarbeiterfluktuation ernst nehmen sollten. Was man unter Personalfluktuation versteht, wodurch sie entsteht und wie Arbeitgeber ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen langfristig halten können, erfährst du in diesem Beitrag.
Was ist Mitarbeiterfluktuation?
Die Mitarbeiterfluktuation (auch Personalfluktuation oder nur Fluktuation) umfasst alle personellen Abgänge innerhalb eines Unternehmens in einem festgelegten Zeitraum.
Dazu gehören unter anderem Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die das Unternehmen selbst verlassen oder gekündigt werden. Berechnet wird sie als Fluktuationsrate – ein wichtiger Indikator für das betriebliche Klima und die Personalstrategie.
Eine niedrige Fluktuationsrate spricht in der Regel dafür, dass es den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gut geht und ein gesundes Arbeitsklima herrscht. Eine hohe Fluktuationsrate ruft nach Maßnahmen. Wichtig zu wissen: Die Rate ist in allen Branchen unterschiedlich. Aber dazu später mehr.
Welche Arten von Mitarbeiterfluktuation gibt es?
Es gibt drei unterschiedliche Arten von Personalfluktuation, die verschiedene Auswirkungen auf ein Unternehmen haben.
1. Natürliche Fluktuation
Dazu zählen alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die wegen Ruhestand, langer Krankheit oder Tod ausscheiden. Sie gehören zum normalen Lebenszyklus eines Unternehmens.
2. Unternehmensinterne Fluktuation
Darunter fallen alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die innerhalb eines Unternehmens ihre Position oder in andere Bereiche wechseln. Das hinterlässt zwar offene Posten, aber die Expertise bleibt vor Ort. Und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind durch den Wechsel wahrscheinlich motivierter und engagierter.
3. Unternehmensexterne Fluktuation
Das umfasst alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die das Unternehmen verlassen – und häufig zu anderen Arbeitgebern wechseln. Hier sollten Unternehmen genau hinschauen, weil diese Wechsel oft mit Unzufriedenheit einhergehen und hohe Kosten verursachen – zum Beispiel im Recruiting und bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Außerdem lässt sich noch in freiwillige und unfreiwillige Fluktuation unterscheiden: Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verlassen das Unternehmen entweder auf eigenen Wunsch. Oder werden entlassen.
Wie berechnet man die Mitarbeiterfluktuation?
Die einfachste Formel, um die Fluktuationsrate zu berechnen, ist:
- Fluktuationsrate in % = (Abgänge im festgelegten Zeitraum/Personalbestand zu Beginn des Zeitraum)*100
Anhand dieser Kennzahl können Unternehmen leicht ihre personelle Fluktuation messen und darauf reagieren. Was uns zu der Frage bringt:
Wie hoch ist die durchschnittliche Personalfluktuation in Deutschland?
2022 lag der durchschnittliche Wert der Fluktuation über alle Branchen bei 31,6 %. Das hat die Bundesagentur für Arbeit ermittelt. Am unteren Ende der Skala liegt die öffentliche Verwaltung mit 13,8 %. Wahrscheinlich wechseln Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hier wegen der Verbeamtung selten den Job, die Fluktuation ist niedrig.
Am oberen Ende der Skala liegt die Fluktuation in der Land- und Forstwirtschaft mit 74,7 %. Ein spezieller Grund dafür könnte sein, dass in dieser Branche viele Saisonkräfte nur während der Erntezeiten eingesetzt werden. Dadurch steigt die Mitarbeiterfluktuation.
Doch was sind die häufigsten Gründe und Ursachen in einem „Durchschnittsunternehmen“ für hohe Personalfluktuation?
Welche Ursachen hat eine hohe Personalfluktuation?
Oft stimmt etwas mit der Mitarbeiterzufriedenheit nicht oder die Mitarbeiterbindung ist schlecht, wenn Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnnen gehen und die Fluktuation steigt. In einer Recherche der Unternehmensberatung McKinsey gaben 39 % der befragten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an, dass sie wegen mangelnder Bezahlung gekündigt haben. 36 % waren unzufrieden mit ihrer Führungskraft. Und 34 % fehlen berufliche Entwicklung und Beförderung bei der Arbeit. Typische Ursachen für eine steigende Fluktuationsrate.
Ähnliche Zahlen zeigt auch die XING-Studie zur frühzeitigen Kündigung: Mit jeweils 43 % liegen auch hier ein zu niedriges Gehalt und Unzufriedenheit mit der Führung ganz vorn. Weitere Gründe sind schlechte Teamkultur (34 %), Unzufriedenheit mit den Aufgaben (34 %) und zu viel Stress am Arbeitsplatz (30 %).
Aber auch mangelnde Wertschätzung und Anerkennung, ein toxisches Arbeitsumfeld oder Mobbing am Arbeitsplatz können eine höhere Fluktuation von Mitarbeitern bedingen. Ebenso wie ungünstige Arbeitszeiten, fehlende Work-Life-Balance und immer aktueller: Das Personal hat zu wenig Optionen für flexibles Arbeiten, zum Beispiel im Homeoffice.
Fluktuation hat aber auch persönliche Gründe wie Umzug, Familie oder Probleme mit der Gesundheit. Oder ein anderes Unternehmen hat ein unschlagbares Angebot.
Welche Gründe auch immer bei Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zu Kündigung führen, für bleibende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie das ganze Unternehmen hat Mitarbeiterfluktuation Folgen – positive wie negative.
Vorteile und Nachteile der Mitarbeiterfluktuation
In der Regel möchte kein Unternehmen seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verlieren und eine hohe Fluktuation vermeiden. Aber es gibt auch gute Gründe, Personal ziehen zu lassen und auf neue Talente zu setzen. Diese können sein:
- Neue Ideen und mehr Kreativität
- Frischer Blick für unausgeschöpfte Potenziale
- Aktuelles Wissen aus anderen Branchen
- Aufstiegschancen für bleibende Mitarbeitende
- Erweiterung des Unternehmensnetzwerks durch neue Kontakte
Die Liste der Nachteile ist allerdings länger. Denn durch Fluktuation …
- verlieren Unternehmen Know-how und Kompetenzen
- können sich Beziehungen zu Kunden und Geschäftspartnern verschlechtern
- bleiben Projekte liegen und die Jahresziele werden verfehlt
- müssen die bleibenden Kolleg:innen mehr Arbeit übernehmen
- muss neues Personal gefunden und eingearbeitet werden
- leidet die Unternehmenskultur und es entsteht ein schlechtes Betriebsklima
- sinkt das Ansehen des Unternehmens
Außerdem entstehen durch Mitarbeiterfluktuation hohe Kosten. Zum einen zählen hierzu direkte Kosten für Entgeltfortzahlungen, Abfindungen, Gerichtskosten, Stellenanzeigen, Personalberater:innen, Recruiting-Kampagnen, Einarbeitung, Schulungen und Weiterbildungen von neuen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.
Zum anderen können bei hoher Fluktuation indirekte Kosten durch Zeit für Gespräche, Erstellung von Zeugnisse, Neuaufstellung der Teams, Bewerberauswahl, Abstimmungen mit dem Betriebsrat oder Unterstützung bei der Wohnungssuche entstehen.
2016 hat die I.O. Group® Wolf® Consulting in einer Fluktuationskosten-Studie alles zusammengerechnet. Das Ergebnis: Jeder Abgang kostet durchschnittlich mindestens 43.069 €. Tendenz steigend. Diese Kosten können Unternehmen vermeiden, indem sie ihre Fluktuation im Blick haben und rechtzeitig Maßnahmen ergreifen.
7 Maßnahmen für eine stärkere Mitarbeiterbindung
1. Führungskräfte schulen
Wie wir gesehen haben, kündigen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen häufig wegen Konflikten mit ihrer Führungskraft. Gute Führungskräfte motivieren ihr Personal, kommunizieren klar und lösen Konflikte. Durch regelmäßige Trainings gewinnen sie an Selbstsicherheit und stärken ihre Kompetenzen, zum Beispiel in den zwischenmenschlichen Bereichen emotionale Intelligenz und Empathie. Das steigert die Mitarbeiterzufriedenheit und verbessert das Betriebsklima.
2. Vergütung überprüfen
Ein wettbewerbsfähiges Gehalt lockt nicht nur neue Fachkräfte an, sondern hält auch bestehende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Unternehmen. Darum sollten Arbeitgeber regelmäßig die Struktur der Gehälter überprüfen – und wenn nötig und möglich, an die Marktlage anpassen. Oder über zusätzliche Angebote wie eine betriebliche Altersvorsorge, die Übernahme der Kita-Kosten oder attraktive Mitarbeiterbenefits nachdenken. Das stärkt die Loyalität der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und kann die Personalfluktuation mindern.
3. Unternehmenskultur verbessern
Respektvolles Miteinander, offene Kommunikation, Wertschätzung – all das trägt zu einer positiven Unternehmenskultur und zu einer höheren Arbeitgeberattraktivität bei. Was Arbeitgeber dafür tun können? Zum Beispiel regelmäßige Teambuilding-Maßnahmen durchführen oder Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen offene Gesprächsrunden anbieten.
4. Karrierechancen bieten
In einer Studie von Randstad gaben 61 % der Befragten an, dass sie für bessere Karrierechancen den Arbeitgeber wechseln würden. Natürlich ist nicht in jedem Unternehmen Platz für den Aufstieg, dennoch können Arbeitgeber die Karrieren von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen fördern – zum Beispiel durch Weiterbildungen oder interne Schulungen. Das fördert nicht nur das Know-how, sondern auch die Mitarbeiterbindung.
5. Arbeitszeit flexibler gestalten
Die Studie von Randstad zeigt auch, wie wichtig die Work-Life-Balance ist: 51 % der befragten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen würden dafür bei einem anderen Unternehmen arbeiten. Flexible Arbeitszeiten und Möglichkeiten zum Homeoffice könnten Arbeitnehmenden helfen, Beruf und Privatleben besser zu vereinbaren. Die Mitarbeiterzufriedenheit steigt, die Fluktuation sinkt.
6. Zusätzliche Benefits anbieten
Der Obstkorb reicht heutzutage nicht mehr aus – genauso wie kostenloser Kaffee. Unternehmen müssen andere Benefits bieten, um ihre Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu halten und die Fluktuation zu reduzieren. Welche das sein könnten? Tankgutschein und ÖPNV-Tickets, Einkaufs- und Essensgutscheine oder Firmenfitness. Das stärkt neben der Mitarbeiterbindung zusätzlich die Mitarbeitergesundheit.
7. Regelmäßige Mitarbeitergespräche
Unternehmen, die ihre Ohren ganz nah an ihren Mitarbeitenden haben, bekommen schnell mit, was läuft und wo sie aktiv werden müssen. Außerdem fühlen sich Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen durch regelmäßige Gespräche wertgeschätzt, bekommen Feedback zu ihren Leistungen und können ihre Ziele besprechen. Das schafft langfristige Perspektiven und Sicherheit. Gute Voraussetzungen für eine geringe Fluktuation.
Personalfluktuation ist ein Thema, mit dem sich Unternehmen beschäftigen sollten. Gerade, wenn es an Fachkräften mangelt. Denn eine hohe Mitarbeiterfluktuation verursacht nicht nur hohe Kosten, sondern wirkt sich auch negativ auf die Unternehmenskultur und die Wettbewerbsfähigkeit aus. Mit gezielten Maßnahmen können Unternehmen gegensteuern, wertvolle Mitarbeitende langfristig halten und so den Erfolg ihres Unternehmens sichern.