Unternehmenskultur Beispiele – 5 Best Practices von Google, dm & Co.

by Sarah Kotysch

Kleines Unternehmen oder Tech-Gigant wie Google: Die Unternehmenskultur entscheidet maßgeblich darüber, wie Menschen zusammenarbeiten und ob Mitarbeitende dem Unternehmen langfristig treu bleiben.

Ein wichtiges Thema, das auch die Arbeitgebermarke und den Erfolg des Geschäfts beeinflusst. Gerade jetzt, wenn sich Unternehmen wegen Fachkräftemangels, Digitalisierung und neuen Arbeitsmodellen  und New Work umstellen.

Doch wie genau zeigt sich die Unternehmenskultur im Alltag der Mitarbeitenden? Was passiert, wenn sie nicht funktioniert? Und was, wenn es gut läuft? Dafür gibt dieser Artikel inspirierende Beispiele aus 5 erfolgreichen Unternehmen. Außerdem schauen wir uns 7 Faktoren an, die für eine Unternehmenskultur zentral sind und klären, was es mit der Change Culture (Veränderungskultur) auf sich hat.

Was macht die Unternehmenskultur aus

Infobox: Zentrale Faktoren für eine gute Unternehmenskultur

Unternehmenskultur umfasst die gelebten Werte, Normen, Überzeugungen und Verhaltensweisen in einem Unternehmen. Sie zeigt sich im Arbeitsalltag der Mitarbeitenden genauso wie im Umgang mit Kund:innen.

(Wenn du tiefer einsteigen möchtest, empfehlen wir den Beitrag zur Definition von Unternehmenskultur.)

Ob ein Unternehmen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber Vertrauen lebt oder Kontrolle bevorzugt, ob bei der Arbeit Kooperation gefördert oder Konkurrenz befeuert wird: All das sind Ausdrucksformen der Unternehmenskultur und der gelebten Unternehmenswerte. Um sie greifbarer zu machen, helfen 7 zentrale Faktoren:

1. Führungsstil

Ist er autoritär oder begleitend? Kontrollierend oder vertrauensvoll? Die Art und Weise, wie Führungskräfte mit Mitarbeitenden umgehen, zeigt deutlich die Unternehmenskultur.

2. Transparenz

Wie offen werden Informationen mit Mitarbeitenden geteilt? Gibt es Einblick in Entscheidungen, Ziele und Herausforderungen? Mit Transparenz wächst auch das Vertrauen sowie das Gefühl der Zugehörigkeit.

3. Kommunikation

Wird wertschätzend und direkt miteinander gesprochen? Oder ist die Kommunikation eher defensiv? Wird Feedback gegeben und angenommen? All das ist entscheidend, denn wie heißt es so schön: Der Ton macht die Musik. Oder eben die Kultur.

4. Umgang mit Fehlern

Sind Fehler eine Chance zu lernen oder eine Falle für die Karriere? Eine lernorientierte Fehlerkultur fördert Innovation und psychologische Sicherheit unter den Mitarbeitenden.

5. Entscheidungsprozesse

Wer darf mitreden, wer entscheidet? Sind Prozesse partizipativ, hierarchisch oder agil?

6. Zusammenarbeit und Teamdynamik

Wird bei der Arbeit Konkurrenz belohnt oder Kooperation gefördert? Wie funktioniert jedes Team, auch über Abteilungen hinweg?

7. Umgang mit Wandel und Innovation

Wie geht das Unternehmen mit Veränderungen um? Werden neue Ideen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern begrüßt oder abgewehrt?

Diese 7 Faktoren unterstützen Arbeitgeber, ihre Unternehmenskultur und gelebten Unternehmenswerte systematisch zu beobachten und zu verändern. Wie unterschiedlich das aussehen kann? Schauen wir mal 2 fiktive Unternehmenskultur Beispiele an:

Wie Unternehmenskultur schiefläuft (fiktives Beispiel)

Montagmorgen, 9 Uhr. In der Marketingabteilung eines mittelständischen Unternehmens startet das wöchentliche Team-Meeting. Die Stimmung ist angespannt. Die Führungskräfte reden und reden und reden. Mitarbeiter:innen stellen selten Fragen. Aus Angst, als inkompetent zu gelten.

Informationen werden nur scheibchenweise weitergegeben, Feedback findet vor allem hinter dem Rücken statt. Wenn etwas schiefläuft, sucht man nach Schuldigen statt nach Lösungen.

Entscheidungen trifft allein die Geschäftsführung. Ohne Rücksprache und oft ohne Erklärung. Die Mitarbeitenden ziehen sich zurück, bringen keine neuen Ideen mehr ein, kündigen innerlich.

Der Krankenstand ist hoch, die Fluktuation ebenfalls. Trotz attraktiver Benefits wie Jobrad oder Homeoffice-Angeboten sinkt die Arbeitgeberattraktivität.

Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung oder zur mentalen Gesundheit am Arbeitsplatz verpuffen, weil sie nicht zur gelebten Kultur passen. Das Employer Branding wirkt nach außen poliert, aber nach innen leer.

Ein typisches Beispiel für eine nicht funktionierende Unternehmenskultur ohne gelebte Unternehmenswerte. Warnsignal für jede Organisation, die langfristig erfolgreich bleiben will.

Aber wie sieht es aus, wenn es gut läuft?

Wie Unternehmenskultur funktioniert (fiktives Beispiel)

Freitagvormittag, 10 Uhr. In einem agilen Softwareunternehmen beginnt der wöchentliche Review-Call. Die Kommunikation unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist offen und konstruktiv. Alle dürfen sprechen, Fragen werden wertschätzend gestellt. Die Führungskräfte hören zu, stellen kluge Rückfragen und loben aktiv die Beiträge der Mitarbeiter:innen.

Entscheidungen werden transparent erklärt, Fehler werden als Chancen diskutiert. Zum Beispiel berichtet ein Kollege, wie ein Software-Feature versagt hat. Dafür bekommt er Applaus. Weil der Mut zur Offenheit geschätzt wird.

Das Team arbeitet über Bereiche hinweg zusammen, feiert gemeinsame Erfolge und reflektiert regelmäßig die Zusammenarbeit. Außerdem kümmert sich die Organisation auch um die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz – durch Betriebliches Gesundheitsmanagement und Maßnahmen im Rahmen von Corporate Wellbeing.

Die Arbeitgebermarke ist glaubwürdig, das Employer Branding zieht Talente an, die bleiben wollen.

Eine Unternehmenskultur, in der Vertrauen, Transparenz und Lernbereitschaft gelebt werden. Die gemeinsame Werte hat und zeigt: Gesunde Zusammenarbeit ist mehr als ein Soft Skill. Sie ist die Basis für Innovation, Produktivität und Mitarbeiterbindung.

Nach diesen 2 fiktiven Beispielen für Unternehmenskultur schauen wir uns jetzt an, wie echte Unternehmen damit umgehen und welche Faktoren dabei wichtige Rollen spielen.

Unternehmenskultur in der Praxis: 5 echte Beispiele aus bekannten Unternehmen

Wenn Unternehmenskultur und gelebte Unternehmenswerte zur strategischen Stärke wird: Diese 5 Beispiele verdeutlichen, wie unterschiedlich und wirksam Kultur gelebt werden kann.

Vertrauen und Autonomie bei Google

Bei Google ist die Kultur auf Innovation ausgelegt. Die berühmte „20-Prozent-Zeit“ ermöglicht Mitarbeitenden, ein Fünftel ihrer Arbeitszeit für eigene Projekte zu nutzen. Die Führung ist flach, jedes Team arbeitet eigenverantwortlich, psychologische Sicherheit wird aktiv gefördert.

Ergebnisse wie Gmail oder Google Maps sind aus dieser Kultur heraus entstanden. Sie zeigen, wie Vertrauen zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern neue Entwicklungen möglich macht.. Google gilt nicht nur als einer der besten Arbeitgeber weltweit, das Unternehmen ist auch wirtschaftlich extrem erfolgreich: Der Konzern erzielte 2024 einen Umsatz von 336.35 Milliarden US-Dollar.

Aktivismus und Verantwortung bei Patagonia

Die Outdoor-Marke Patagonia lebt ihre Unternehmenskultur konsequent: Umwelt- und Klimaschutz stehen im Zentrum aller Entscheidungen. Das Unternehmen spendet seit 1985 mindestens 1 % seines Umsatzes an ökologische Initiativen: bisher über 89 Millionen US-Dollar. 2022 übertrug Gründer Yvon Chouinard die Eigentumsrechte an eine Stiftung, die alle Gewinne für den Klimaschutz verwendet.

Mitarbeiter:innen werden ermutigt, an Umweltprotesten teilzunehmen, erhalten Freistellung für ehrenamtliches Engagement und fühlen sich sichtbar mit dem Unternehmenszweck verbunden. Eine Unternehmenskultur, die aus Haltung entsteht, nicht aus Image.

Selbstverantwortung und Menschlichkeit bei dm

Bei der Drogeriekette dm steht der Mensch im Mittelpunkt. Sowohl als Kund:in als auch Mitarbeiter:in. So steht schon auf der Unternehmensseite:

„Wir setzen auf das Positive und die Entwicklungsfähigkeit des Menschen. Unsere Werte und Kultur bilden dabei das Fundament, das uns zukunftsfähig handeln lässt.“

Statt starrer Regeln gibt es bewusst offen formulierte Grundsätze und Freiraum, um auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren. Das zahlt sich aus:

Mit über 89.000 Mitarbeitenden und mehr als 4.100 Filialen gehört dm zu den erfolgreichsten Handelsunternehmen Europas. Und belegt regelmäßig Spitzenplätze in Arbeitgeberrankings.

Leistung, Freiheit und radikale Offenheit bei Netflix

Die Streaming-Plattform Netflix hat mit seinem Kulturmemo internationale Standards gesetzt: Eigenverantwortung, Transparenz und hohe Leistungsansprüche prägen die Kultur. Urlaub ist unbegrenzt. Gehälter höher als bei der Konkurrenz. Im Gegenzug stellt Netflix hohe Exzellenzansprüche an seine Mitarbeiter:innen. Wer nicht liefert, muss gehen.

Funktioniert das? Sehr gut. Im ersten Quartal 2025 steigerte Netflix seinen Umsatz auf 10,5 Milliarden US-Dollar. Der Quartalsgewinn stieg auf 2,89 Milliarden US-Dollar. Die Kultur wirkt – intern wie extern.

Werteorientierte Digitalisierung bei Otto

Die Otto Group hat den Wandel zur digitalen Organisation frühzeitig mit einem Kulturwandel verknüpft. Unter dem Titel „Kulturwandel 4.0“ setzt das Unternehmen auf Transparenz, Feedback, Lernbereitschaft und Führung auf Augenhöhe.

Neben digitalen Plattformen investiert Otto in interne Transformation, und das mit Erfolg: Im Vergleich zum Vorjahr steigerte der Konzern 2024/2025 seine Online-Umsätze um 5 % auf 4,4 Milliarden Euro.

Was diese Beispiele gemeinsam haben und Unternehmen für ihre Kultur lernen können

Purpose, Performance, Digitalisierung: Für alle vorgestellten Unternehmen ist die Unternehmenskultur ein strategischer Hebel. Sie gestalten und nutzen Kultur bewusst. Sie haben klare Werte, setzen sie konsequent um und machen sie im Alltag sichtbar.

Die Beispiele zeigen: Positive Unternehmenskultur ist kein Zufall. Sie ist das Ergebnis von Haltung, Klarheit und kontinuierlicher Arbeit. Und sie wirkt: auf Employer Branding, die Bindung der Mitarbeiter:innen und den unternehmerischen Erfolg.

Wichtig ist aber auch: Es gibt nicht die eine Unternehmenskultur und die einen Unternehmenswerte. Inspiration ist zwar wichtig, doch jede Organisation muss ihren eigenen kulturellen Weg finden und gehen.

Change Culture: Wie Unternehmen Kultur gezielt verändern können

Infobox: Definition Change Culture

Die vorgestellten Unternehmenskultur Beispiele zeigen eindrucksvoll, wie stark eine bewusst gestaltete Kultur sein kann. Doch was, wenn die aktuelle Unternehmenskultur noch nicht zu den Zielen passt? Oder Mitarbeiter:innen sogar blockiert?

Genau hier kommt der Begriff Change Culture ins Spiel. Er beschreibt die gezielte Veränderung der Unternehmenskultur als Teil eines umfassenden Transformationsprozesses.

Change Culture bedeutet, Kultur nicht nur zu beobachten, sondern aktiv zu entwickeln. Eingefahrene Verhaltensmuster zu hinterfragen, neue Denkweisen zu fördern und gemeinsam ein Umfeld zu schaffen, das Veränderung ermöglicht. Denn: Eine neue Strategie ohne entsprechende Kultur wird scheitern. Umgekehrt kann eine starke Change Culture selbst schwierige Umbrüche erleichtern.

Ein erfolgreicher Kulturwandel braucht klare Werte, wirksame Kommunikation und eine Führung, die als Vorbild agiert. Und Change Culture sollte schrittweise etabliert werden. Ohne den Fehler zu machen, alles gleichzeitig verändern zu wollen.

Auch in der Praxis zeigt sich: Wenn Change Culture gelingt, werden Unternehmen innovativer. Auch die Mitarbeiterbindung, die Attraktivität der Arbeitgebermarke und das Vertrauen in die Organisation nehmen spürbar zu. Und das ist in Zeiten von New Work, Fachkräftemangel und wachsendem Veränderungsdruck wichtiger denn je.

Unternehmen, die jetzt eine Change Culture entwickeln, schaffen eine Grundlage, ihre Zukunft aktiv zu gestalten.

8 Fragen auf dem Weg zur eigenen Unternehmenskultur

Eine ehrliche Reflexion der eigenen Kultur ist der erste Schritt zur Veränderung. Diese Fragen können Unternehmen beim Start helfen:

1. Welche Werte leben wir wirklich, jenseits von Leitbildern?

2. Wie führen, kommunizieren und entscheiden wir?

3. Welche Alltagssituationen spiegeln unsere Kultur besonders deutlich?

4. Wie offen sprechen wir über Fehler und neue Ideen?

5. Was sagen neue oder ehemalige Mitarbeiter:innen über unser Betriebsklima?

7. Fördern wir aktiv Gesundheit am Arbeitsplatz oder mentale Gesundheit?

8. Was tun wir, um von innen unsere Arbeitgebermarke zu stärken?

Unternehmenskultur gestalten heißt Haltung zeigen

Unternehmenskultur ist kein Nebenbei-Thema. Sie ist einer der strategischen Faktoren für Erfolg, den Arbeitgeber gemeinsam mit den Mitarbeitenden aktiv gestalten sollten. Denn sie entscheidet mit darüber, ob ein Team wächst oder stagniert, ob Innovation gelingt oder scheitert.

Die vorgestellten Unternehmenskultur Beispiele zeigen: Eine positive Kultur ist wichtig für die Identität, Orientierung und ein gemeinsames Verständnis von Zusammenarbeit zwischen Menschen. Wer Kultur wirklich gestalten will, braucht Klarheit, Mut und den Willen, die eigene Haltung und Werte zu überprüfen. Denn ohne gute Unternehmenskultur und gelebte Unternehmenswerte kein Wandel. Und ohne Wandel wird es nicht leicht mit der Zukunft.

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