Förderung des Remote Team Zusammenhalts durch Werteorientierte Zusammenarbeit

by Alena Diduch
urban sports office

Seit einem Jahr stellen immer mehr Unternehmen auf einen reinen Remote- oder Hybrid-Modus um. Auch Urban Sports Club ist seither im Hybrid-Modus. Als technikgetriebenes Unternehmen ist das vollständig digitale Arbeiten bereits Teil der DNA von Urban Sports Club. Daher war es nicht allzu schwierig, aus der Tooling-Perspektive auf Remote-Arbeit umzustellen — aus der Team- und Führungsperspektive jedoch schon.

In dieser Keynote teilt Dr. Stefan Manns, Head of HR Business Partner für das Berliner Headquarter und Deutschland, die Erfahrungen mit, die das Team gesammelt hat. Eine der wichtigsten Erkenntnisse: 

Je dezentraler wir arbeiten, desto wichtiger wird es, Klarheit über Identität, Vertrauen und Struktur in der Zusammenarbeit herzustellen. 

Das wiederum hat einen großen Einfluss auf die Führungsrolle, die sich entsprechend ändern und anpassen muss.

Dr. Stefan Manns

Dr. Stefan Manns – Head of HR Business Partner leitet seit Mitte Februar 2020 das Business Partnering beim Urban Sports Club. Seine Mission ist es, eine wertebasierte Feedbackkultur in der Organisation zu etablieren. Dabei spielt er und sein Team auf vielfältigen Klaviaturen der Organisationsberatung. Bevor Stefan zu Urban Sports Club kam war er als Kultur- und Personalentwickler vor allem im Deutschen Mittelstand beratend unterwegs und konnte so unterschiedlichste Organisationsmodelle (der old and new economy) und Ansätze von Zusammenarbeit entwickeln.

Stefan ist als Head of HR Business Partner für Deutschland nicht nur zuständig für die Betreuung unserer Führungskräfte und Teams in allen Fragen der Zusammenarbeit sondern seit kurzem auch für die Kulturentwicklung in der Urban Sports Group. Sein Team bringt die Learnings der vergangenen 12 Monate mit seiner tatkräftigen Unterstützung in alle Ecken der Organisation.


Stefan, was hat sich aus deiner Sicht als Führungskraft seit der Pandemie geändert?

Mit Beginn der Pandemie im Jahr 2020 haben wir in einen Hybrid-Modus gewechselt. Jedes Team arbeitet seitdem remote. Dennoch bieten wir unseren Mitarbeitenden die Möglichkeit an, ins Büro zu kommen. Aufgrund der Corona-Regelungen sind unsere Türen für eine limitierte Anzahl an Arbeitsplätzen offen. Auch für mich als Führungskraft hat das New Normal, insbesondere das Arbeiten im konstanten Home-Office, zur Folge, dass ich meine Arbeitszeit anders gewichten muss. War ich vorher vorrangig auf fachliche Themen fokussiert und habe meine Mitarbeitenden unterstützt, so geht es beim remote Arbeiten vorrangig darum, die Kommunikationsprozesse im Team zu orchestrieren und alle Teammitglieder motiviert zu halten. Insbesondere die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden muss ich als Führungskraft jetzt mehr denn je im Blick behalten:

  • Ein Großteil der Führungstätigkeit verlagert sich seitdem also auf das Moderieren von Sinngebungsprozessen im Team. 
  • Wer muss welche Information von wem, bis wann erhalten, um seine Arbeit weiterführen zu können. 
  • Als Führungskraft muss ich Wege finden, wie ich die Selbstorganisation im Team bestmöglich unterstützen kann.

Welchen neuen Herausforderungen stehen Führungskräfte im New Normal generell gegenüber?

Führungskräfte werden und müssen ihr Skillset immerwährend anpassen: weniger Output und Kontrolle steht im Vordergrund (dafür jedoch das Team und jedes einzelne Teammitglied), dafür mehr Struktur-, Identitäts- und Vertrauensbildung im Team. Führungskräfte sind somit stärker als  Moderator*innen, Coaches und Gestalter*innen von Kommunikationsprozessen gefordert. Eine Entwicklung, die wir bei Urban Sports Club beobachten. Da Führungskräfte oftmals in die Rolle befördert werden, weil sie starke Experten im Team sind, müssen sie an die neuen Facetten dieser Rollen herangeführt werden: Wie können sie einzelne Mitarbeitenden coachen, Entscheidungsfindungsprozesse im Team moderieren und Prozesse mit dem Team zusammen verändern oder optimieren?

Als Business Partner müssen wir hier nah an unseren Teams und Führungskräften dran sein. Wir haben gelernt, dass jedes Team eigene Antworten in drei sehr zentralen Aspekten finden müssen:

  • Wie bauen wir in der Zusammenarbeit auf Distanz Vertrauen auf und wie können wir dieses Vertrauen bewahren, zudem noch ausbauen?
  • Was ist unsere Identität als Team? Welche Probleme lösen wir als Team für wen und was ist uns dabei wichtig? Was würde beim Urbans Sports Club fehlen, wenn es uns nicht gäbe? 
  • Passen unsere Strukturen im Team, um unsere Ziele zu erreichen? Was müssen wir ändern, um Vertrauen und Identität zu bewahren? 

Wichtig ist, dass diese drei Aspekte der Zusammenarbeit nicht unabhängig voneinander betrachtet werden können. Ändert sich einer der Bereiche, hat das unmittelbar auch Auswirkungen auf die beiden Anderen. Gibt es beispielsweise Änderungen in den das Team betreffenden Strukturen und Prozessen, so muss im Team darüber diskutiert werden, welchen Einfluss dies wiederum auf die Identität, das Selbstverständnis, des Teams hat, gegebenenfalls auch auf das Vertrauen.

Das Dreieck der Zusammenarbeit

Dieses Dreieck der Zusammenarbeit gilt in allen Kontexten. Im remote Setup aber wird das ausbalancieren der drei Säulen unabdingbar. Dafür braucht es Führung und für diese Führung braucht es Zeit. HR Business Partner unterstützen bei Urban Sports Club hierbei auf Prozessebene solange, bis die Führungskräfte selbstständig diese Balance mit ihrem Team gestalten.

Nun werden aber Führungskräfte selten deswegen eingestellt oder in die Rolle befördert, weil sie exzellente Coaches, Moderatoren oder Prozessbegleiter sind. Meistens geschieht das nach wie vor aufgrund fachlicher Erfolge und in der Vergangenheit erworbene Expertise.

Als Führungskraft liegt im New Normal nach unserer Beobachtung nach die Herausforderung für gelingende Zusammenarbeit darin, die drei Säulen Vertrauen, Identität und Struktur für den jeweils eigenen aktuellen Kontext auszubalancieren.

Alle drei Säulen sind entscheidend für gelingende Zusammenarbeit und brauchen je neue Antworten in einem remote Setup. Diese neuen Antworten mit den Führungskräften zu entwickeln und in wirksame Zusammenarbeit zu übersetzen, ist dann eine wichtige Aufgabe von HR.

Womit hast du und dein Team während dieser Zeit am meisten zu kämpfen gehabt?  

Zwei Themen sind für mich die Dringendsten in der Pandemie geworden: 

Rollenklarheit im Team

Nachdem wir uns an die neue Zusammenarbeit im Team gewöhnt haben, hat sich herauskristallisiert, dass Rollenklarheit der wichtigste Faktor für die reibungslose Kommunikation und Verständigung ist. Fragen wie: 

  • Was können wir voneinander erwarten? 
  • Wer ist wofür verantwortlich?
  • Wie gehen mit spezifischen Themen um?
  • Wie kommunizieren wir miteinander?

…wurden zur Einleitung jedes einzelnen Projekts. 

Ich musste erkennen, dass es darauf keine abschließenden und generische Antwort gibt und dieser Klärungsprozess permanent mitläuft, was mitunter sehr anstrengend sein kann. Es ist aber grundlegend für das gegenseitige Vertrauen im Team, sich aufeinander verlassen zu können, dass Aufgaben übernommen und erledigt werden. Durch die räumliche Trennung wird das umso wichtiger. Es ist halt gerade nicht möglich mal schnell über den Flur zur KollegIn zu gehen um Details zu besprechen. All diese Faktoren akkumulieren sich zu einer Herausforderung die die Führungskräfte jetzt zu bewältigen und kreativ zu lösen haben.

Zeitmanagement

Eine zweite, vielleicht noch wichtigere Herausforderung, mit der wir nach wie vor zu kämpfen haben, ist die Rückgewinnung der Souveränität über den eigenen Kalender. 

Das distanzierte Arbeiten und der erhöhte Abstimmungs- und Kommunikationsbedarf führt dazu, dass sich eine extreme Arbeitsverdichtung eingestellt hat. Das beinhaltet unter anderem, dass die digitalen Arbeitsweisen die Geschwindigkeit und den Themenwechsel erhöhen. Früher im Büro musste ich zu einem Gespräch oder Meeting irgendwo hingehen, hatte einen Weg, Zeit und ein paar Minuten oder auch länger für den Übergang von einem Kontext zu einem anderen. Im digitalen Arbeiten aber finden Kontextwechsel in Sekundenbruchteilen statt, ohne dass wir uns physisch in einen anderen Raum begeben. Das Setting bleibt stets dasselbe, der kleine oder auch große Guckkasten in die Welt, unser Monitor stets gleich. Damit aber werden wichtige sinnliche Kanäle nicht mehr bedient, die für den Lernvorgang entscheidend sind: kinästhetische, olfaktorische und auch gustatorische Wahrnehmungen werden nicht bedient. 

Das isolierte Arbeiten scheint auch dazu zu führen, dass Themen im virtuellen Austausch bearbeitet werden. Es hat den Anschein, dass wir über digitale Videoformate mehr Kontakt halten wollen, um uns im virtuellen Verbunden zu fühlen. 

Innerhalb des Teams ist es daher sinnvoll feste Strukturen zu schaffen, die einerseits helfen, miteinander in Kommunikation und Austausch zu bleiben und andererseits Selbstbestimmung über unsere Kalender ermöglichen. Es ist zielführend, sich im Team gemeinsam Regeln zu gegeben haben wie:

  • Klare online und offline Zeiten. Zwischen 10 und 16 Uhr sind wir online erreichbar, Mittagspause etc. mit eingerechnet. Hier können Meetings auch kurzfristig angesetzt werden. Die Zeit dient zum Informationsaustausch. Die Zeit drumrum hingegen für das fokussierte und möglichst ungestörte Arbeiten.
  • Zeiten auch für informellen Austausch einplanen. Kaffeepausen schaffen.
  • Wir starten Meetings nicht direkt inhaltlich sondern sorgen mit einem kleinen Format nachdem “What occupies your Mind”, dass jede:r Teilnehmer:in schildern kann, was sie gerade gedanklich und emotional mit ins Meeting bringt. Meist sind das nur zwei bis drei kurze Sätze, Kommentare und Erwiderungen sind nicht erlaubt. Das Format hilft, “den Kopf frei zu bekommen” und unterstützt beim aktiven Zuhören.

Überhaupt merken wir mehr und mehr, dass es sinnvoll ist, Räume für den informellen Austausch zu schaffen. Informeller Austausch ist wichtig, weil er ungeplant, spontan und assoziativ von statten ging. Damit ist er Treiber für neue Ideen, Initiativen und Kreativität. In der virtuellen Zusammenarbeit ist das meines Erachtens nach die größte Herausforderung solche informellen Räume zu schaffen. Wenn jemand, der diese Zeilen liest, bereits ein Rezept  hierfür hat, melde sie sich bitte bei mir! 

Wie hat Urban Sports darauf reagiert und welche Best Practices kannst du dazu teilen?

Wir bieten unseren MItarbeitenden Unterstützung bei der Selbstorganisation zuhause an. Neben ihren Laptops kann auch jeder Mitarbeitende bei Bedarf seinen Monitor als zweiten Bildschirm und den Bürostuhl mitnehmen. Eltern, die mit der Dreifachbelastung von Home-Office und Distance Learning sowie Alltagsorganisation zu kämpfen haben, können sich zusätzliche Rechner für ihre Kinder ausleihen. Auch haben wir mit zusätzlichen Kinderbetreuungstagen reagiert. Unsere Mitarbeitenden können momentan in Absprache mit ihren Vorgesetzten entscheiden, von wo aus sie arbeiten. Manche wählen sich von zu Hause aus, bei ihren Familien in Ägypten, Indien oder Brasilien ein.

Natürlich nutzen wir auch unser eigenes Produkt um dem Bewegungsmangel durch den Lockdown der Fitnessbranche zu begegnen. Viele streamen nun ihr Training direkt in ihr Wohn- und Arbeitszimmer. Regelmäßig Teamevents und monatliche Updates mit sportlicher Betätigung gehören mittlerweile zum Standard in unserer Organisation.

Bereits seit Mai 2020 kooperieren wir zudem mit der bundesweit bekannten Initiative REDEZEIT für dich. Hier bieten professionelle Coaches ihr Ohr und spenden Menschen in schwierigen Lebenssituationen Zeit, um (professionell) zuzuhören. 

Vom 1. bis 5. März haben wir in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse und der Barmenia eine Health Week durchgeführt, in der allen Mitarbeitenden die Möglichkeit hatten, sich während der Arbeitszeit fortzubilden und zu informieren. Einige der Themen waren:

  • Motivation in digital times
  • Mindfulness in turbulent times
  • Stress reduction exercises
  • Resilienz / Work-Life-balance

All diese Maßnahmen kommunizieren wir in einem eigens dafür angelegten Slack Channel in dem alle Mitarbeitenden der Firma länderübergreifend eingeladen worden sind, damit keinem etwas entgeht. 

Welche Learnings hast du nach einem Jahr Pandemie mitgenommen?

VUCA ist wahr! Entscheidend ist, mit welchem Mindset ich der Pandemie begegne: 

Wachstum oder Bewahren des Status Quo?

VUCA Infobox

Halte ich tendenziell eher an dem fest, was für mich bislang strukturgebend war oder suche ich nach neuen Strukturen und passe ich mich dem New Normal an. Ein Jahr Pandemie hat mich gelehrt, dass wir der zugenommenen Komplexität mit mehr Selbstorganisation begegnen sollten. Diese aber muss erlernt werden und braucht den willen aus “Fehlern” zu lernen, um Vertrauen untereinander, Identität und Strukturen beständig weiterzuentwickeln.

Was ist das neue Skillset der Führungskraft im New Normal während und nach der Pandemie?

Aus meiner Erfahrung und der meines Teams kann ich sagen, dass die mentale Belastung zugenommen hat; bei allen Beteiligten. Ein wirksames Mittel dieser zu Begegnen ist es, Führung als das Ausbalancieren der drei Ebenen Vertrauen, Identität und Struktur zu zu sehen. Dafür braucht es viel emotionale Intelligenz, die Fähigkeit zum Dialog, zu kommunizieren und eine gemeinsam wahrgenommene positive Wirklichkeit im Team zu erzeugen. Das ist viel und das ist schwer und dazu braucht es einen Aufbau der Fähigkeiten.

Vielen Dank an Dr. Stefan Manns für das Interview

Das aufgezeichnete Webinar zum Artikel können Sie hier auf unserem Youtube Channel sehen.


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