Habt auch ihr die Erfahrung gemacht, dass der Druck auf HR Mitarbeitende durch unerwartete Zusatzaufgaben während der Pandemie gestiegen ist?
Auf jeden Fall. Schon allein das Mithalten bei den andauernden Veränderungen bzgl. Coronaregeln bringt einen zum Schwitzen. Ohne direkten menschlichen Kontakt sind Einsamkeit und Depression in greifbarer Nähe. Für Eltern ist der Stress mit Kita- und Schulschließungen, die meist nicht absehbar sind, eine Dauerbelastung. Viele Leute kriegen Meetinginhalte nicht mit, weil sie nunmal in anderen Tabs unterwegs sind. Der Zusammenhalt im Team wird klarerweise geschwächt, wenn man sich nur in 2D sieht.
Außerdem arbeiten alle zu viel im Home Office, weil es einfach nicht die gleichen leichtherzigen Unterbrechungen gibt, wie das persönliche Miteinander sie bietet. Das People & Culture Team versucht, dabei zu helfen, das irgendwie aufzufangen. Nicht leicht. Menschen sind Herdentiere und diese ganze Isolation macht uns wahnsinnig.
Welche Maßnahmen habt ihr unternehmensintern umgesetzt, um mentale Gesundheit zu thematisieren und Stress (vor allem im HR Team) besser zu bewältigen?
Jeder wird gehört: Wir haben eine Kultur der offenen Tür für alle Themen, wir nennen es „Bring your whole self to work“. Insbesondere im People and Culture Team wird sehr viel zugehört, da wir ja sozusagen das Gesamtteam auf dem Rücken tragen. Krankentage für mentale Gesundheit und mentale Gesundheit als Gesprächsthema sind normal. Jeder wird gesehen, gehört und unterstützt.
Drei Mal pro Woche haben wir ein Team Standup in dem wir zusammen meditieren, berichten wofür wir dankbar sind an dem Tag und wie wir uns unterstützen können. Generell habe ich den Eindruck, dass jeder ein offenes Ohr füreinander hat.
Etwas, das wir für alle Departments im Unternehmen eingeführt haben, sind unsere zweiwöchentlichen 1:1s. Hier stehen nicht die operativen Aufgaben auf der Agenda, hier geht es um das Wohlbefinden, persönliche Ziele, Wünsche oder Unsicherheiten und Ängste.
Könnt ihr eine Empfehlung geben, wie Unternehmen in Zeiten von Remote Work dafür sorgen können, dass keine Mitarbeitenden “abgehängt” werden?
Vorab dafür Sorge zu tragen, dass niemand abgehängt wird, ist mitunter schwer umzusetzen. Wir sind auch davon abhängig, dass die Mitarbeiter von sich aus über ihre Probleme erzählen. Dafür braucht es eine Vertrauensbasis. Zusätzlich sind die Meetings beim Remote Work sehr strukturiert und zeitlimitiert. Da bleibt nicht viel Zeit um über die emotionale Lage zu berichten und auch die Atmosphäre dazu ist nicht immer gegeben.
Da es einfach ist, sich bei größeren Meetings auszuklinken, ist das persönliche 1:1 oder 1:2 Zusammenkommen von zentraler Wichtigkeit. Wir müssen da noch mehr machen, aber momentan gibt es, wie erwähnt, bereits alle 2 Wochen 1:1s mit den Team Leads. Allerdings sind
natürlich auch diese Meetings zeitlich limitiert und auch hier haben wir Screens, die zwischen dem direkten Kontakt stehen. Gerade im persönlichen Gespräch macht das einen Unterschied.
Wir haben eine Coffee Chat App für’s Team, für neue 7Minder*innen gibt es dazu ein HR 1:1s, ein Casual 1:1 mit einem der Gründer und einen Onboarding Buddy, die/der sich in den ersten Wochen jede Woche mit der/dem neuen 7Minder*in trifft.
Es ist natürlich viel leichter, eine kritische Meinung über Arbeitgeber*innen, Team Leads oder andere Arbeitskolleg*innen zu entwickeln, wenn du sie nie persönlich siehst, weil du im eigenen Kopf Sinn erschaffen musst für das, was passiert. Das ist sicher einer der großen Gründe, warum es so viele Kündigungen gibt überall. Insofern denken wir, dass die Unterstützung von Wachstum im Bereich Selbstreflektion, was ja u.a. durch Achtsamkeitspratiken erreicht werden kann, für alle Arbeitnehmer*innen zentral wichtig ist in diesen Remotezeiten. Damit man Sachen einfacher richtig einordnen kann, Dinge nicht so persönlich nimmt, zufriedener sein kann in der Mitte dieses Chaos.
Was es bei uns ja auch schon vor Corona gab, ist das tägliche Angebot an das gesamte Unternehmen, gemeinsam zu meditieren. Immer mehr Kolleg*innen bieten in diesem Zeitslot auch Live-Meditationen an. Das ist schon ein kleiner Luxus im Arbeitsalltag.
Welchen Mehrwert hat Meditation bei der Stressbewältigung?
Meditation kann ungemein dabei helfen, ein gesunden Umgang mit Stress zu finden. Denn dass wir Stress erleben und auch es in der Zukunft noch sehr viele Male tun werden, ist ein Fakt. (Wer hier tiefer gehen mag: Unsere Psychologin Siri hat dazu gerade im 7Mind Magazin ihren neuesten Science Snack geschrieben) Dafür sind es viel zu viele externe Faktoren, die uns Stress bereiten. Die haben wir gar nicht in der Hand. Meditation schärft die Wahrnehmung für uns, unsere Körperreaktionen und Emotionen. So kann sie uns im ersten Schritt dabei helfen wahrzunehmen, was uns denn eigentlich in Stress versetzt. Für den einen ist es die zu kurzfristige Deadline, für die andere sind es fehlende Infos für die eigene Planung, für den oder die Dritte ist es schlichtweg die Anzahl der Meetings. Wahrzunehmen, was uns eigentlich Stress bereitet, ist ein wichtiger erster Schritt, um etwas zu ändern.
Sind wir gestresst, sind wir oft im Autopilot-Modus unterwegs. Ein Reiz prasselt auf uns ein, wir reagieren darauf. Nachdenken ist nicht. Diese impulsiven Reaktionen kennen bestimmt viele. Meditation hilft uns, in der Stressreaktion inne zu halten, wahrzunehmen, was ist und dann erst zu reagieren. Wir erlangen so in diesem Reiz-Reaktions-Raum die eigene Handlungsmacht zurück.
Und zu guter Letzt: Zu jeder Stressreaktion gehört eine Erholungsphase. Lassen wir diese aus und lassen uns von der einen Stressreaktion direkt in die nächste ziehen, sprechen wir von chronischem Stress – und das ist der, der dann so richtig an unserer mentalen und körperlichen Gesundheit knabbert. Diese Erholungsphase kann beispielsweise eine Achtsamkeitsübung oder Meditation sein. Die meisten Übungen in der 7Mind App dauern nur ca. 7 Minuten und eignen sich so für die Pausen zwischendurch.
Könnt ihr uns 3-6 Meditationsübungen nennen, die man in den Arbeitsalltag integrieren kann?
Mini-Meditation für unterwegs
Unterwegs zu sein, hat oft nur einen Zweck: Wir wollen irgendwo ankommen. Reisezeit kann aber auch Zeit für dich sein. Mit dieser Mini-Meditation kommst du entspannt zum Ziel: Egal, ob du in der Bahn, im Bus oder im Zug sitzt, schließe wenn möglich deine Augen. Fokussiere dich voll und ganz auf die Geräusche, die du jetzt hören kannst. Nimm zunächst die lautesten Geräusche wahr. Versuch dann, die Welt der leisen und subtilen Töne heraus zu hören: Ein leises Kichern wenige Sitze weiter, das ruhige Atmen deines Sitznachbarn, das monotone Brummen des Fahrzeugs. Wie viele Geräusche kannst du zählen? Merk dir die Zahl und nimm so viele langsame, tiefe Atemzüge, wie du Geräusche hörst. In der 7Mind App findest du viele, dieser kleinen Meditationen.
Atemübung für Ruhe und Balance
“Einfach mal tief durchatmen”. Dieser Ratschlag kommt nicht von irgendwoher. Der Zusammenhang zwischen Atemtechnik und Stressreduktion ist wissenschaftlich belegt. Diese Atemübung hilft dir in kurzer Zeit, Ruhe und Balance zu finden:
In den Bauch atmen:Lege deine Hände auf deinen Bauch. Spüre den Kontakt zwischen Handfläche und Bauchdecke. Atme nun einige Male tief ein und vollständig aus. Stelle dir vor, wie du den Atem an deinen Rippen vorbei ganz bewusst in den Bauchraum lenkst. Spüre den Raum, den dein Atem in deinem Bauch einnimmt. Merkst du, wie viel Aufmerksamkeit diese leichte Übung erfordert? Das ist der Anker für deinen Fokus.
Mini-Meditation für den Arbeitsplatz
Gerade am Arbeitsplatz stehen wir besonders oft unter Strom. Deadlines, Meetings, Anfragen der KollegInnen, KundInnen oder PatientInnen: Hier raucht uns schnell der Kopf! Wir bei 7Mind beginnen unsere Meetings meistens mit einer Minute Stille. Sobald der Gong ertönt, schließen wir für eine Minute gemeinsam die Augen und kommen im Meeting oder in einem Gespräch an. In welchem Umfeld du auch arbeitest: Schenke dir oder deinem Team eine Minute des Ankommens. Diese Übung findest du auch in der 7Mind-App.
Atemübung für mehr Energie: Atme wie Darth Vader
Die Ujjayi-Atmung ist eine der weitverbreitetsten “Yoga-Atemübungen”. In den neueren Yogastilen wird während der Yogaübungen (Asanas) fast durchgängig Ujjayi geatmet. Du erzeugst sowohl beim Ein- als auch beim Ausatmen mit geschlossenem Mund einen fließenden Reibelaut oder auch ein Hauchgeräusch. Er entsteht, da sich die Muskeln der Stimmritze verengen. Es ist ein hörbarer Atem und ist in etwa so stark, dass nur du ihn hören kannst. Diese Übung beruhigt den Geist und kann zu mehr Lebensenergie führen. Indem du deinen Atem hörbar machst, spürst du die Schnelligkeit, Tiefe und eventuelle Nervosität in deinem Atem und somit auch in deinem Geist.