Mental Health am Arbeitsplatz – Interview mit Ines Räth von nilo.health

by Marie Terhechte

Wie beurteilst du zurzeit den grundsätzlichen Umgang mit dem Thema Mental Health in Unternehmen?

In unseren Gesprächen mit Unternehmen bemerken wir eindeutig ein Umdenken und eine verstärkte Auseinandersetzung mit dem Thema. Zum einen fordern Mitarbeitende zunehmend eine Unterstützung bei mentalen Herausforderungen. Getrieben wird diese Entwicklung verstärkt von Mitarbeitenden der jüngeren Generationen, diese sind laut verschiedener Studien nicht nur häufiger von mentalen Belastungen betroffen, sondern haben auch eine höhere Bereitschaft, darüber zu sprechen und sich Hilfe zu suchen. Zum anderen sind psychische Probleme inzwischen der zweithäufigste Grund für Fehlzeiten in Deutschland, das geht an keinem Unternehmen vorbei. 

Das Engagement der Unternehmen unterscheidet sich jedoch stark. Während Benefits zur Förderung der physischen Gesundheit bereits heute zum Standard gehören, besteht bei Angeboten für die psychische Gesundheit ein massiver Aufholbedarf. Unternehmen, die psychosoziale Dienste anbieten und den Arbeitsplatz so gestalten, dass das mentale Wohlbefinden gefördert wird, beobachten einen direkten Einfluss auf die Motivation und Leistung der Mitarbeitenden sowie die Performance des Unternehmens. 

Deshalb haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, das Stigma mentaler Gesundheit zu bekämpfen und Mitarbeitenden einfachen Zugang zur richtigen Unterstützung zu bieten. Und das möglichst unkompliziert, effektiv und präventiv – bevor es zu einer Krise kommt. 

Wie ist das Feedback: was wünschen sich Mitarbeitende gerade am meisten im Bezug auf Mental Health/Work Life Balance von ihrem Arbeitgeber?

Arbeitnehmende erwarten von ihren Arbeitgebern, psychische Herausforderungen und Belastungen ernst zu nehmen und angemessene Unterstützung und Hilfe anzubieten. Aus Studien und aus unseren eigenen Erfahrungen wissen wir, dass sich Angestellte oft nicht wohl fühlen, diese spezifischen Themen mit z.B. Vorgesetzten und People Teams zu besprechen. Die meisten wünschen sich daher eine neutrale Ansprechperson und Vertraulichkeit, um offen über ihre Probleme sprechen zu können. 

In Bezug auf Mental Health am Arbeitsplatz ist der Wunsch nach psychologischer Sicherheit groß. Die Menschen wollen als ihr authentisches Selbst akzeptiert und respektiert werden. Dazu gehört die Gewissheit, dass das Aussprechen von unangenehmen Wahrheiten, das Eingestehen von Fehlern und offene Verletzlichkeit keine negativen Konsequenzen mit sich ziehen.

Work Life Balance ist ein großes Thema um das eigene mentale Wohlbefinden zu steigern. Mitarbeitende wünschen sich Flexibilität um die eigenen Interessen – privat und beruflich – in Einklang zu bekommen. Homeoffice und der Trend zu Remote Work bringen hier natürlich große Chancen mit sich, durch die ständige Erreichbarkeit und die fließenden Grenzen leidet die Abgrenzung zur Arbeit aber oft noch mehr. 

Wie hängen Mental health und Work Life Balance zusammen?

Verschiedene Studien zeigen, dass eine gesunde Work Life Balance positiv mit der Arbeits- und Lebenszufriedenheit und negativ mit dem Risiko an einer psychischen Belastungen zu erkranken korreliert. 

Wie meistens im Leben, ist eine gute Balance zielführend – wir brauchen Dinge neben unserer Arbeit, die uns stärken. Resilienz wird durch unser soziales Support-System gestärkt. Wir sind Herdentiere und es ist wichtig, dass wir die Zeit haben, unsere sozialen Kontakte pflegen. 

Sport hat außerdem nachweislich einen ausgleichenden Effekt auf unseren Hirnstoffwechsel und unsere Neurotransmitter und führt zur Ausschüttung von den “Glückshormonen” Dopamin und Serotonin. 

Für den eigenen Selbstwert ist es wichtig, einen Sinn im Leben zu haben. Und Arbeit kann im Idealfall sehr sinnstiftend sein. Gleichzeitig ist es wichtig, dass wir Arbeit nicht als Flucht vor unserem Privatleben instrumentalisieren oder versuchen, durch Leistung andere Dinge wie zum Beispiel geringen Selbstwert zu kompensieren. 

Was können Arbeitgeber tun, um ihre Mitarbeitenden zu unterstützen? 5 Ideen.

Dem Leadership und Management kommt hierbei eine tragende Rolle zu. Wenn ich mich als Führungskraft um meine eigene mentale Gesundheit kümmere, mich auch mal verletzlich zeige und offen kommuniziere wird auch mein Team offener dafür sein.

Führungskräfte sollten nicht nur Verletzlichkeit zeigen und somit Vertrauen fördern sondern mit gutem Beispiel vorangehen, wenn es darum geht Grenzen zu setzen und diese zu kommunizieren: Einfach mal keine E-Mails nach 18 Uhr beantworten oder sich eine Auszeit gönnen wenn der Stress überhand nimmt. 

Psychologische Sicherheit: Das Thema sollte in jedem Unternehmen offen angesprochen und diskutiert werden. Ein regelmäßiger Puls Check hilft um ein Gefühl für den Status quo zu bekommen und bietet eine gute Grundlage für Handlungsoptionen. 

Unterstützung für die mentale Gesundheit zur Verfügung stellen: nilo.health bietet MItarbeitenden zB Zugang zu Online-Sessions mit Psycholog:innen sowie digitale Inhalte, die sie bei spezifischen Herausforderungen – ob beruflich oder privat – unterstützen.

Außerdem hilft es eine klare Verantwortlichkeit für das Thema zu definieren. Einige Unternehmen bilden Mental Health Komitees, eine Arbeitsgruppe, die das Thema verantwortet und im Unternehmen vorantreibt. 

Was tust du persönlich für deine Mentale Gesundheit?

Für mich ist es super wichtig Zeit mit den Menschen zu verbringen, die mir wichtig sind. Ich liebe es gutes Essen gemeinsam zu genießen, Kurztrips zu planen oder auf andere Art gemeinsam Zeit zu verbringen. 

Außerdem bin ich der festen Überzeugung, dass guter Schlaf sowie regelmäßige Bewegung elementar sind. Ich lege inzwischen viel mehr Wert darauf ausreichend Schlaf zu bekommen und eine regelmäßige Routine zu haben. 

Aktuell versuche ich auch noch besser darin zu werden mich von Ereignissen, die ich nicht beeinflussen kann oder die von überschaubarer Bedeutung sind, emotional zu distanzieren und unnötiges Grübeln zu vermeiden. Es gibt so viele Situationen, die keine emotionale Anspannung wert sind aber häufig doch viel Raum einnehmen. Dabei hilft es mir regelmäßig zu meditieren oder mich inhaltlich mit diesen Themen durch, z.B. Podcasts, auseinanderzusetzen.


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