Der Fachkräftemangel plagt viele Unternehmen. Vakante Stellen mit motivierten Talenten zu besetzen wird immer schwieriger. Einige Unternehmen haben allerdings einen wichtigen Kanal zur Besetzung neuer Stellen nicht auf dem Schirm: die eigenen Mitarbeitenden. Das Stichwort lautet Talent Mobility.
Was ist Talent Mobility?
Talent Mobility, oder auch Internal Mobility, bedeutet auf Deutsch so viel wie “interne Mobilität”. Wissen und Erfahrungen von Mitarbeitenden werden an der Stelle des Unternehmens eingesetzt, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Teammitglieder haben so die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten und ihr Wissen bestmöglich einzusetzen. Im Prinzip handelt es sich um eine Form des internen Recruitings. Hier geht es um das Versetzen an internationale Standpunkte, was die Organisation noch etwas komplexer macht. Dieser Beitrag fokussiert sich aber vornehmlich auf die interne Mobilität.
Wieso ist Talent Mobility für Unternehmen so wichtig?
Talent Mobility hat viele Vorteile, gerade in einem agilen Umfeld, wenn sich Teams mit hohem Maß an Flexibilität schnell an verändernde Umstände anpassen. Wir haben einige Vorteile für Sie zusammengefasst.
Reduzierung der Kosten aufgrund von Fluktuation
Eine hohe Fluktuationsrate trägt sowohl für Mitarbeitende als auch für Unternehmen zu einer ungünstigen Arbeitsumgebung bei. Mit jedem Mitarbeitenden, der oder die ein Unternehmen verlässt, geht auch Wissen, das nicht übertragen werden kann. Prozesse müssen sich neu einspielen, Verantwortlichkeiten erstmal umgelegt oder von anderen übernommen werden und neue Teammitglieder müssen angelernt werden. Eine Studie des Berufsnetzwerks LinkedIn mit 7000 Recruitern und eigener LinkedIn-Daten aus dem Jahr 2020 zeigt, dass eine Talent-Mobility-Strategie dazu beiträgt, dass 41 Prozent der Mitarbeitenden länger bei einem Unternehmen beschäftigt bleiben und nicht vorzeitig kündigen.
Höheres Engagement
Interne Mobilität bietet bessere Optionen auf Weiterentwicklung und Wachstum für einzelne Mitarbeitende. Teammitglieder, denen die Chance geboten wird, sich weiterzuentwickeln, können sich nicht nur selbst besser verwirklichen und neue Ziele anpeilen. Darüber hinaus fühlen sie sich mehr wertgeschätzt, da ihre Weiterentwicklung und ihre persönlichen Ziele auch auf der Agenda des Arbeitgebers stehen.
Produktivität und Zufriedenheit
Werden Stellen intern besetzt, entfällt Zeit im Onboarding, gerade in Leadership-Positionen. Mit dem Unternehmen sind die Mitarbeitenden ja bereits vertraut und auch Abläufe im Unternehmen und einige Kollegen und Kolleginnen sind schon bekannt. Ein schnelleres Onboarding führt auch zu höherer Produktivität. Gleichzeitig können Unternehmen mit Talent-Mobility-Strategien besser auf Stärken und Schwächen einzelner Teammitglieder eingehen. Kombiniert mit einer offenen Kommunikation stärkt das die Beziehung zwischen Mitarbeitenden und Managenden.
Wissenserhalt
Auch wenn die Wissensdokumentation in ihrem Unternehmen grundsätzlich recht gut organisiert ist: geht ein Mitarbeitender, so geht auch immer ein Teil des Wissens verloren oder muss neu aufgearbeitet werden. Vor allem, wenn in Firmen einigen über den kurzen Dienstweg geregelt wird. Neue Teammitglieder müssen da erst einmal aufholen.
Abwechslung
Gerade talentierte Menschen mit großen Zielen, sogenannte High-Achiever, brauchen immer wieder neuen Input, neue Ziele und Herausforderungen, sonst sind sie schnell unterfordert. Interne Mobilität kann helfen diese Talente an der richtigen Stelle einzusetzen und ihnen neue Aufgaben zu geben.
Die 5 Säulen einer Talent-Mobility-Strategie
Eine effektive Talent-Mobility-Strategie setzt auf diese 5 Säulen:
Säule 1: Karriereplanung und Lernpfad
Erleichtern Sie Ihren Mitarbeitenden die individuelle Karriereplanung! Indem Sie beispielsweise intern über verschiedene Jobs, Aufstiegsmöglichkeiten oder Weiterbildungen in Ihrem Unternehmen informieren. Helfen Sie einzelnen Teammitgliedern eigene Talente und Lücken zu erkennen und empfehlen Sie daraufhin bestimme Projekte oder Lernressourcen. Auch ein Mentorenprogramm ist ein guter Weg zur Weiterbildung.
Säule 2: Offene Stellen und internes Recruiting
Führen Sie ein Empfehlungsprogramm ein: Mitarbeitende erhalten Empfehlungen für offene Stellen. Gleichzeitig erhalten Personalverantwortliche Empfehlungen, wenn Teammitglieder von Vorgesetzten oder Kolleg*innen für offene Positionen empfohlen werden. Dabei sollten Personalverantwortliche aber auch immer ein offenes Auge haben und auch proaktiv auf passende interne Lösungen für die Besetzung von freien Stellen zugehen.
Säule 3: Projektmarktplatz
Schaffen Sie eine zentrale interne Anlaufstelle für Projekte, die offen für Beteiligung sind. Am besten funktioniert das natürlich, wenn ein smarter Projektmarktplatz Projekte verschiedenen Mitarbeitenden aufgrund ihrer Fähigkeiten und Karriereoptionen empfiehlt. Mit diesen Informationen können Teammitglieder und ihre Führungskräfte direkt in den Dialog gehen.
Säule 4: Mentorenmarktplatz
Ähnlich eines Projektmarktplatzes bietet der Mentorenmarktplatz eine Plattform zur Vermittlung von Wissen und Erfahrung. Er vernetzt Mitarbeitende, die Wissen weitergeben wollen, mit Mitarbeitenden, die versuchen sich weiterzubilden und neue Karrierewege zu erschließen. Nach dem Match können beide auch zusammen den Projektmarktplatz nach etwas Passendem durchsuchen.
Säule 5: Analyse
Die ersten vier Säulen sind hervorragende Voraussetzungen für eine analytische Auswertung der Belegschaft: Welche Fähigkeiten sind vorhanden? Welche Karrierewünsche haben Mitarbeitende? Welche Lücken könnten noch geschlossen werden?
Größte Stolpersteine
Trotz der vielen Vorteile birgt die interne Stellenbesetzung auch Herausforderungen. Hier ein Überblick:
Herausforderung 1: Weniger Beständigkeit
Nicht alle Mitarbeitenden sind charakterlich für ständig wechselnde Umstände, Veränderungen, neue Arbeitsumfelder sowie Aufgaben geschaffen. Manche Menschen brauchen Beständigkeit, Stabilität und eine vertraute Arbeitsumgebung. Erfassen Sie also in Ihrem internen Stellenpool auch, ob eine Neubesetzung und neue Aufgaben den Wünschen der Mitarbeitenden entsprechen.
Herausforderung 2: Stärkerer Wettbewerb
Interne Mobilität kann zu einem verstärkten Wettbewerb unter Mitarbeitenden führen – mit entsprechenden Auswirkungen, beispielsweise auf das Arbeitsklima.
Herausforderung 3: Betriebsblindheit
Frischer Wind und neue Perspektiven können für ein Unternehmen recht hilfreich sein. Greift man nur auf den internen Stellenpool zurück, kann das aber auch zu Betriebsblindheit führen. Wichtiges neues Fachwissen und Inspirationen bleiben verborgen. Ein Mix aus interner und externer Stellenbesetzung ist die Lösung.
Fazit
Talent-Mobility macht sich den Wissensdurst Ihrer Mitarbeitenden zum Vorteil. Denn warum in die Ferne schweifen? Vielleicht ist das ideale Talent für die freie Position bereits im Unternehmen. Mit einer erfolgreichen Talent-Mobility-Strategie schaffen Sie es, gleichzeitig anspruchsvolle Projekte und Stellen effizient mit internen Kräften zu besetzen und auch neue spannende Herausforderungen für ambitionierte Mitarbeitende zu schaffen.
Dazu kommen: weniger Zeit fürs Onboarding, geringere Fluktuationsraten, höheres Engagement und größerer Wissenstransfer. Es profitieren Arbeitgebende und Arbeitnehmende.
Gleichzeitig ist Talent-Mobility kein Allheilmittel für offene Stellen. Es erfordert einigen Aufwand, um die hier beschriebenen fünf Säulen angepasst auf das eigene Unternehmen einzuführen. Gleichzeitig eigenen sich nicht alle Mitarbeitenden für ständig wechselnde Herausforderungen und Umgebungen. Wird das bei der Strategie und Einführung von Talent-Mobility bedacht und wird auf individuelle Wünsche und Bedürfnisse von Mitarbeitenden und die Ziele des Unternehmens eingegangen, kann Talent-Mobility ein wertvolles Mittel gegen den “War of Talents” werden.