Modernes Arbeiten befindet sich im rasanten Wandel. In Zeiten von Home-Office und hybriden Arbeitsmodellen sehen sich Mitarbeitende und Arbeitgebende gleichermaßen massiven Herausforderungen ausgesetzt, weil Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem verschwimmen.
So beantworten 53 % der Mitarbeitenden im Home-Office berufliche Anrufe vor oder nach den Arbeitszeiten, 48 % arbeiten am Wochenende. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie von Capterra, einem führenden Anbieter von Software-Nutzerbewertungen, zu remote Beschäftigten in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Um nicht nur diese negativen Konsequenzen von Work-Life-Blending zu betrachten, lohnt es sich, weiter greifende Fragen zu stellen:
Was steht hinter dem Modell von Work-Life-Blending, welche Auswirkung hat es und wie kann negativen Auswirkungen positiv begegnet werden?
Work-Life-Blending vs. Work-Life-Balance
Im Kontext von New Work gibt es viele Begrifflichkeiten. Die beiden wichtigsten Modelle stellen wir hier gegenüber.
Ausgangspunkt: Work-Life-Balance
Dieses Modell galt lange Zeit als Maßstab neuer Arbeitsmodelle und basiert auf einer klaren Trennung von Arbeitszeit und Privatleben. Arbeit wurde hier als notwendiges Übel gesehen, dass durch Freizeit bzw. Familienleben im Idealfall in perfektes Gleichgewicht gebracht wird.
Bereits im Zuge des digitalen Wandels und theoretisch ständiger Erreichbarkeit der Arbeitnehmenden fielen in vielen Branchen die starren Grenzen. Eine Entwicklung, die sich durch den Beginn der Pandemie in 2020 nochmals verschärfte und das Home-Office für diejenigen zum Standard machte, die nicht zwingend ortsgebunden arbeiten müssen.
Neue Evolutionsstufe: Work-Life-Blending
Wenn Arbeit im Regelfall im Home-Office stattfindet, dann können auch flexible Verschiebungen stattfinden: ein Conference-Call am Abend genauso wie private Besorgungen tagsüber während der offiziellen Arbeitszeit.
In diesem Zusammenhang sind die unterschiedlichen Bedürfnisse der Generationen Y und Z hervorzuheben:
Die Generation Y, also die nach 1980 Geborenen, steht der Vermischung von Arbeit und Privatem positiv gegenüber.
Demgegenüber befürwortet die Generation Z, die die nach 1990 Geborenen umfasst, eine stärkere Trennung von Arbeitswelt und Privatleben.
Welche Auswirkungen hat Work-Life-Blending?
Vorteile
Die Vorteile von Work-Life-Blending im Überblick:
- Größere Flexibilität
Private Termine können in den Arbeitstag gelegt werden, ohne dass dafür Urlaubstage geopfert werden müssen. So lässt sich etwa ein kurzer Einkauf oder ein Arzttermin leicht in den Arbeitstag integrieren.
- Mehr Selbstbestimmung
Arbeitnehmende entscheiden selbst darüber, wann sie welche Aufgaben und Projekte erledigen. Folge von diesem Plus an Freiheit im Work-Life-Kontext ist eine Zunahme der Mitarbeiterzufriedenheit.
- Bessere Produktivität
Nicht jeder arbeitet zu jeder Tageszeit gleich gut. Work-Life-Blending erlaubt eine bessere Berücksichtigung des eigenen Biorhythmus. Wer die eigenen Leistungsphasen gezielter nutzen kann, steigert gleichzeitig die eigene Produktivität.
- Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Arbeitnehmende können Arbeitswelt und Familienzeit einfacher kombinieren. So können sie an Tagen mit geringer Auslastung früher nach Hause gehen oder Kinder zum Sport und anderen Freizeitaktivitäten bringen beziehungsweise abholen. Gleichzeitig können vereinzelte Anrufe oder E-Mails dennoch beantwortet werden.
Risiken
Wo Licht ist, fällt auch Schatten. Die wichtigsten Risiken von Work-Life-Blending:
- Gefahr der Selbstausbeutung
In vielen Branchen wird Vor-Ort-Präsenz der Mitarbeitenden immer noch stark eingefordert, gerade auch nach Ende von verpflichtendem Home Office. Da bei der Arbeit von zu Hause aus, die eigene Arbeit schlechter nach außen sichtbar ist, empfinden viele dadurch einen starken Leistungsdruck. Im Extremfall kann dies bis zur Selbstausbeutung führen.
- Viele Überstunden
Jederzeit erreichbar zu sein, kann dazu führen, dass ad hoc in der Privatzeit berufliche Aufgaben scheinbar nebenbei erledigt werden – ohne dass der entsprechende Zeitaufwand dokumentiert wird. Die Folge: unbezahlte Überstunden.
- Unklare Strukturen
Als Gegengewicht zur Flexibilität droht das Verschwimmen von klaren Grenzen zwischen Privatleben und Arbeitszeit. Dies kann verunsichern und birgt Potential für Konflikte.
- Erhöhtes Gesundheitsrisiko
Mangelnde Kontrolle und ständige Überstunden gehen zu Lasten der Gesundheit. Auch kann nicht jeder so abschalten, wie es bei einer klaren räumlichen Trennung vielen gelingt. Das zieht häufig innere Unruhe und Schlafstörungen nach
Welche Maßnahmen gibt es gegen negative Auswirkungen von Work-Life-Blending?
Um den negativen Auswirkungen von Work-Life-Blending zu begegnen, empfiehlt sich die Beachtung der nachfolgenden Handlungs- und Organisationsmöglichkeiten:
- Flexibilität um Strukturen ergänzen:
- Gleitzeit ist gut, es sollte aber dennoch Kernarbeitszeiten für gemeinsame Meetings geben.
- Hybrides Arbeiten: Nebeneinander von Home-Office und Büroräume im Unternehmen.
- Etablieren von flachen Hierarchien und klaren Kommunikationswegen.
- Effektive Selbstorganisation
Um Deadlines und Prioritäten auch im Home-Office immer im Blick zu behalten, ist gute Selbstorganisation unabdingbar. Software-Tools wie Task-Manager sind eine gute Wahl, um den Überblick zu behalten.
- Klare Regelungen zur Arbeitszeit und Zeitmanagement
Pausen und Ruhezeiten sind wichtig, um einer potentiellen ständigen Überforderung entgegenzuwirken. Regelungen zur Arbeitszeit und Erreichbarkeit der Mitarbeitenden sind hier essentiell. Allgemein sollten die Mitarbeitenden beim Zeitmanagement Unterstützung erhalten und Zeiterfassungssysteme eingesetzt werden.
- Identifizieren und Nutzen geeigneter Kommunikationswege
Hier ist es Aufgabe des Managements herauszufinden, wie das eigene Team am besten miteinander kommunizieren kann.
- Schaffen von Anlaufstellen und Maßnahmen zur Burnout-Prävention
Oft haben Mitarbeitende Hemmungen, mit ihrem Vorgesetzten über ihre mentale Gesundheit zu sprechen. Hier können Maßnahmen wie anonyme Umfragen, Einzelgespräche mit Vertrauenspersonen, konkrete Hilfsprogramme und weitere Präventiv-Angebote wie Firmensport helfen.